Advent: 06. Dezember 2015

06 Beitrag NikolausAUCH NIKOLAUS WAR MAL EIN KIND

Ein Beitrag vom bekannten Autor:  Alfons Schweiggert, München – der uns diese Geschichte für alle großen und kleinen Adventskalenderleser zusandte. Herzlichen Dank dafür.

Der heilige Nikolaus, der jedes Jahr am 6. Dezember zu den Kindern kommt, war selbst auch einmal ein Kind. Seine Eltern waren Epiphanius und  Anna. Sie wohnten in Griechenland in der Stadt Patras. Der Vater war von Beruf Kaufmann und sehr reich. Eines Nachts erschien den beiden ein Engel im Traum und sagte, dass ihnen bald ein Sohn geboren würde. Da freuten sie sich sehr. Als der kleine Junge auf die Welt kam, gaben sie ihm den Namen Nikolaus.

Normalerweise können Babys nach der Geburt nur liegen, schlafen, trinken und schreien.
Aufrecht sitzen, krabbeln oder gar stehen und gehen lernen sie erst im Laufe der ersten Lebensmonate. Bei Nikolaus war das anders. Als er das erste Mal gebadet wurde, konnte er sofort in der Wanne aufrecht stehen. Essen wollte der kleine Nikolaus aber nicht so recht. Nur am Mittwoch und am Freitag trank er ein wenig Muttermilch. Die übrigen Tage hungerte er richtig.

Als Nikolaus größer wurde, ging er fleißig in die Schule. Der Vater hoffte, dass er einmal ein so tüchtiger Kaufmann werden würde wie er selbst einer war. Die Mutter aber wünschte sich, dass er Priester werden würde so wie ihr Bruder, der Bischof von Myra war. Sie erzählte dem Kleinen deshalb oft Geschichten von Gott. Gerne besuchte Nikolaus auch die Kirche, um Gott nahe zu sein. Als er erwachsen war, wurde er Priester und half den Armen, wenn sie in Not waren. Die Menschen liebten ihn dafür und wählten ihn später zum Bischof von Myra. Eines aber erlebte Bischof Nikolaus im Gegensatz zu den heutigen Kindern niemals, dass am 6. Dezember der Nikolaus zu ihm kam, denn das war er ja selbst.

© Alfons Schweiggert. München

 


Augenblick 
Zwei Kerzen
mitten in der Welt
ein kleiner Ring von Licht.

Sie leuchten
grade auf den Weg –
nicht eine jetzt verspricht,
dass alles besser wird.

Nur hier ist’s hell
ist’s warm, sind Tier und Mensch
und keiner ist allein.
Es spiegelt sich im Angesicht
der Wärme heller Schein.

Ein Augenblick
der Seeligkeit
im Streben dieser Welt,

im „real life“,
im Kampf und Streit,
ist mancher Blick verstellt.

So nehm‘ ich mir
den Augenblick –
er wärmt durch diese Zeit.
Ich fühl mich reich
durch dieses Stück,
des Licht’s in Dunkelheit.
VD 2015



Morgen Kinder, wird’s was geben

Aus dem Logbuch vor Weihnachten
von: Susanne Kilian
Ernst Kaufmann Verlag; 1973

… aus dem Logbuch: 6. Dezember
mittags
Auch heute kein Schnee. Ich muss schnell was aufschreiben. Wer weiß, was heute Abend ist, und jetzt, wo ich Schularbeiten mache, hab‘ ich wenigstens noch nicht vergessen, was heute früh war.Der Peter und ich, wir haben ein eigenes Nikolausgedicht gemacht! Es ist große Klasse. Auf dem Heimweg von der Schule hatten wir uns so geärgert, dass die uns alle heute Abend veräppeln wollen, und jetzt legen wir sie rein. Auf Ehrenwort, wir haben beide geschworen, dass wir’s  zusammen aufsagen. Und keiner hatte die Hände auf dem Rücken, keiner konnte die Finger kreuzen, dass der Schwur nicht gilt.
Und hier ist das Gedicht:

Raus aus dem Haus,
Nikolaus!
Mit deiner blöden Zipfelmütz,
verschwinde wie’n geölter Blitz!

 Klasse! Klasse! Ich kann kaum warten bis heute Abend. Die werden wir reinlegen. Ich hab‘ nur Angst, der Peter kneift, wenn sein Vater so streng guckt. Ich hab‘ auch Angst. Irgendwie ein bisschen. Ich würde mich fürchterlich schämen, wenn der „Nikolaus“ mich mit der Rute verdrischt.

abends

Nikolaus könnte so schön sein ohne Nikolaus. Mist, ich hab’s ja gewusst, dass der Peter seinen Mund nicht aufkriegt. Da hat sein Vater aus der Ecke zu ihm rübergefunkelt, und da hat er glatt aufgesagt: „Von draußen vom Walde komm‘ ich her …“. Trotz Schwur. Nie wieder glaub‘ ich ihm, auch wenn er zehnmal schwört. Aber ich, ich war so böse auf ihn und den dämlichen Nikolaus mit seiner Brummelstimme, ich hab’s gesagt. Alleine.

Die Mama hat die Bille an sich gezogen und ihr die Ohren zugehalten. Peters Vater und Mutter und mein Vater, die haben was geflüstert, was ich nicht verstehen konnte. Ich stand ja vor dem Nikolaus. Der sagte mit ganz hoher wackeliger Stimme, so als ob er lachen müsste: „Du hast wohl lange meine Rute nicht gespürt!“ Und daran konnte ich sehen, dass er nicht lachte. Tatsächlich, er hieb mir ein paar Mal kräftig eins über den Hintern. Ich machte Fäuste. Die Fingernägel krallten sich mir in die Hand. Ich schämte mich so. Verdroschen von einem blöden, unechten Nikolaus. Auch noch vor allen andern. Vor Bille. Und dem feigen Peter. Der stand artig da und grinste. Das werd‘ ich nie vergessen.

Ich wünschte mir, als ich so allein dastand, ich könnte einmal so kräftig und fest pusten, dass dem Nikolaus der Wattebart, die Rute und der rote Mantel weg flögen, auf einen Schlag. Dass er nur noch in Stiefeln und Unterhosen da stände, und ich sehen könnte, wer er wirklich ist. Dann hätte ich gelacht, und die andern wären blöd rumgestanden. Leider konnte ich nicht so pusten. Der Nikolaus fragte: „Willst du dich von heute an bessern?“ Und er hielt mir ein Säckchen hin, daran baumelte die Schneekugel, die ich mir so gewünscht hatte. Beinahe hätte ich schon „Nein!“ gesagt, vor lauter Wut. Da dachte ich, dann würde ich die Schneekugel nicht kriegen. Und bestimmt hätte ich sie nicht gekriegt. Also sagte ich „Ja!“ und nicht nur „Ja“, sondern „Ja, lieber Nikolaus!“ Obwohl ich’s eigentlich nicht tun wollte. Aber ich freute mich so auf die Schneekugel. Und da war ich eben einfach so, wie die anderen alle gern gehabt hätten, dass ich sein sollte.

Die Schneekugel mit dem Fachwerkhaus innendrin liegt jetzt neben meinem Kopfkissen, und drinnen schneit’s Am Kopfende von meinem Bett hängt das Säckchen mit Äpfeln, Plätzchen, Nüssen und Mandarinen. Mhhmmm, Mandarinen! Es duftet nach Weihnachten. Jetzt ist’s richtig gemütlich zum Einschlafen. Es wäre zu schön, wenn Nikolaus ohne Nikolaus wäre.


Allen kleinen und großen Menschen wünschen wir heute einen weihnachtlich duftenden und überraschenden Nikolaustag!